Montag, 21. Juli 2014

Marcus beim Karwendel Berglauf 2014

Um auf den Wettkampf am vergangen Samstag zu kommen, muss ich etwas weiter ausholen...
Am Tag nach meinem unrühmlichen Auftritt beim Salomon Zugspitz Ultratrail 2014 über die 60km-Distanz hatte ich ständig das Gefühl, das  DNF irgendwie kompensieren zu müssen. Es mussten so schnell wie möglich wieder gute Ergebnisse her, egal wie!!!
Streckenprofil
Das war vor ziemlich genau 4 Wochen. Seither habe ich an zwei Wettkämpfen teilgenommen und stand zwei Mal auf dem Podium. Fürs Bauchgefühl ganz gut. Nur kann man die Läufe hier bei mir auf der Ostalb nicht mit denen im Allgäu oder in den Alpen vergleichen. Es musste also etwas „Extremeres“  her. Nicht einfach nur ein Volkslauf über 10-oder 21 Kilometer hier in Stuttgart, sondern eben was Härteres und  Krasseres. So etwas von dem man hier bei mir in der Region sagt, „Nie im Leben, das ist mir zu hart“! 
Oder anders ausgedrückt, meine persönliche Wiedergutmachung für das DNF an der Zugspitze.
Vergangenen Samstag  war es dann soweit. Ich ergriff die sich bietende Chance und startete 
beim 13. Karwendel Berglauf in Mittenwald.
Die Eckdaten laut Veranstalter: Start in Mittenwald mit Ziel auf der nördlichen Linderspitze in 2.372m. Streckenlänge 11km und 1460Hm. Außerdem hatte sich für den Lauf ein ziemlich beeindruckendes Feld an Topläufern angekündigt. Unter anderem standen dort bei den Herren Robbie Simpson, Stefan Paternoster, Korbinian Schönberger und ein paar ziemlich schnelle Kenianer am Start. Und in der Damenkonkurrenz ging es mit Sabine Reiner und Lucy Wambui Murigi nicht weniger hochkarätig zur Sache.
Früh morgens um 8 fuhren Matthias und ich in Stuttgart los und sammelten in Kempten noch Sebastian Kraus und Mirco Berner ein. Matthias und Mirco liefen jedoch nicht mit, sondern gönnten sich eine Woche nach den 4Trails eine lockere Trainingseinheit in alpiner Umgebung.
Die letzten 80Hm
Nach ca. 5h und 300km waren wir dann auch endlich eine Stunde vor dem Start in Mittenwald angekommen und Sebastian und ich hetzten zur Einschreibung, um uns noch für den Lauf nachzumelden. Der Startschuss fiel pünktlich um 14:00Uhr bei ca. 34°C auf dem Mittenwalder Marktplatz.  Leider waren für den Tag Temperaturen jenseits der 30°C  gemeldet, was den Lauf noch etwas verschärfte. Die ersten beiden Kilometer verliefen aus Mittenwald hinaus und waren flach. Sebastian und ich gingen das Rennen ruhig an und liefen mit einer Pace von 4:00min/km bis  4:10min/km los. Sebastian meinte „langsam starten und dann am Berg die Leute aufsammeln“. Gesagt getan, der erste Anstieg, eine ziemlich steile Forststraße, ließ nicht lange auf sich warten. Sebastians Worte hatten Gewicht, 40% der „Sprinter“ vor uns wurden zu Wanderern und wir konnten so Platz um Platz hinauf zur Dammkarhütte gut machen. Die Steigungen waren für mich Flachländer schon enorm, jedoch lief es sehr gut und ich konnte mit Sebastian, der die meiste Zeit in den Bergen lebt und trainiert, gut mithalten. Ab der Dammkarhütte wurden die Temperaturen aufgrund der Höhe auch ein wenig angenehmer, was auch gut war, da wir die „Schotterhölle“ in Angriff nehmen mussten. Dort war dann auch der Punkt gekommen, an dem ich Sebastian ziehen lassen musste. 
Kurz nach dem Tunnel
Später im Ziel hatte er knappe 3 Minuten Vorsprung.
Der lose Schotter machte das Laufen schier unmöglich. In Verbindung mit der Steigung rutschte man fast bei jedem Schritt wieder ein Stück nach hinten weg und es kostete sehr viel Kraft sich nach oben zu kämpfen. Ein Highlight des Laufes war sicherlich auch der Tunnel. Nach der Passage durch das viele Geröll, wo die Sonne auch noch schön von den Steinen reflektiert wurde und die Temperatur bei gefühlten 100°C lag ,kamen wir in den Tunnel. Im Tunnel war die Temperatur so niedrig, dass ich meinen Atem sah. Auf den gut 700m durch den Tunnel ging es in einer „moderaten Steigung“ (Mircos Lieblingsbegriff ;-)) nach oben. Nach dem Tunnel dann wieder der Temperaturschock. So musste sich ein Eiswürfel im Backofen fühlen, dachte ich mir. Das Ende des Tunnels war direkt bei der Gipfelstation der Karwendelbahn. In den vergangenen Jahren markierte die Gipfelstation noch das Ziel, weil es hier ein schönes von Felswänden umringtes Plateau gab. Dieses Jahr jedoch mussten nochmal zusätzliche 80Hm bewältigt werden, da sich der Veranstalter kurzerhand dazu entschlossen hatte, das Ziel auf die Linderspitze zu verlegen. An der Gipfelstation warteten schon Matthias und Mirco und peitschten mich nochmal wortgewaltig die letzten Meter nach oben. Am Ende blieb die Uhr bei 1:28:33h stehen. Damit sicherte ich mir den  31. Rang bei den Männern und den 34. Rang im Gesamteinlauf. Mit dem Hintergrund, dass mein „Hausberg“ im besten Falle ca. 50Hm am Stück liefert, bin ich echt sehr zufrieden. Bei der Gipfelstation war dann auch die Zielverpflegung und nutzen die Gelegenheit bei einem alkoholfreien Weizen und einer kleinen Schüssel Nudeln noch ein kleines Schwätzchen mit alten und neuen Gesichtern zu halten. Hinunter sollte es dann eigentlich mit der Seilbahn gehen. Die Warteschlange davor sagte jedoch aus, dass wir schneller sind, wenn wir runter laufen.
Mirco und Matthias hatten das sowieso vor, Sebastian nickte bei dem Vorschlag auch und so machten wir uns auf, durch den Tunnel über die Schotterhölle, die Singletrails und die langen Forststraßen hinunter nach Mittenwald zu laufen. Runter ist auf jeden Fall angenehmer als hinauf und man benötigt für die Strecke auch nur 40min^^.
In Mittenwald angekommen, konnte ich ein durchweg positives Fazit dieses Samstages ziehen. Um ca. 18:00Uhr machten wir uns dann wieder auf, glücklich aber erschöpft,  die 300Km nach Hause zu fahren.

Was meinen inneren Seelenfrieden aber angeht, weiß ich, dass ich vor dem Rennen auch schon mit mir im Reinen war. Der Ausfall beim ZUT war zwar blöd, da ich mich gezielt seit langer Zeit darauf vorbereitet hatte. Dann aber zu sagen, ich muss das kompensieren durch immer höher, schneller und weiter ist totaler Schwachsinn.  Ich stellte in den Tagen nach dem ZUT oft die Fragen, „Warum laufen wir“? Warum laufe ich überhaupt?  Und da wurde es mir erst bewusst. Ich laufe bestimmt nicht um zu siegen und um zu zeigen dass ich besser als Andere sein kann. Laufen ist für mich pure Freude und Freiheit und eben nicht die zwanghafte Suche nach Prestige und Anerkennung. Das habe ich mir so ausgesucht. Dazu gehören nun mal auch dunklere Felder. Doch wenn man es schafft diese zu überwinden werden die tollen Momente umso heller sein. Diese Gegebenheiten und der eigene Umgang mit diesen Situationen machen uns zu dem Läufer, zu dem Sportler und zu dem Menschen, der wir sind. Ich für meinen Teil stehe gerade erst am Anfang eines kontinuierlichen Lernprozess. Eines kann ich versprechen: Ich laufe immer so lange und so schnell ich kann.

In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal und Keep on Running.
Viele Grüße, euer Marcus.


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