Samstag der 29.August 2015,
9:59 Uhr am Kurhaus in Oberstdorf. Noch eine Minute bis zum Start der 11.
Austragung des GORE TEX© Transalpine Run 2015.
Eine
Minute die uns ewig vorkommt. Wir Beide realisieren gerade zum ersten Mal worauf
wir uns hier wirklich eingelassen haben: 8 Tage, 4 Länder, 2 Läufer, 1 Traum! Über 260 km
mit ca. +16000 Hm durch die Alpen, von Oberstdorf in Deutschland nach Sulden in
Südtirol. Jetzt, eine Minute vor dem Start, schießen uns viele Fragen durch den
Kopf: haben wir genug trainiert, wie reagiert der Körper auf die ungewohnte
Belastung...
All
das spielt jetzt aber keine Rolle mehr - es geht los! Das Abenteuer TAR startet genau
jetzt.....
Oberstdorf
(D) nach Lech (A)
34,6 km / +2083 Hm / -1469 Hm
Nach
dem Start in Oberstdorf ging es hinaus auf die ersten 3 flachen Kilometer. Die
im Vorfeld favorisierten Spitzenteams machten hier natürlich gleich ordentlich
Tempo. Im ersten Anstieg, hinauf bis zur Fidererscharte (2190 m), lief bei uns alles
perfekt. Als 5. Team überquerten wir diese und machten uns in den Downhill
Richtung Mindelheimer Hütte / Schroffenpass. Dann passierte aber leider etwas
Ungeplantes. Die Tagestemperatur von ca. 34°C und kein Schatten auf den ersten
20 km liesen bei Marcus die Lichter ausgehen. Es war einfach zu heiß und er
hatte vor lauter Euphorie und Aufregung das Trinken völlig vergessen - Anfängerfehler!
Matthias bewies sich aber gleich mal als
ein guter Teampartner und half wo er konnte. Leider überholten uns gerade in
dieser Phase viele Teams.
Pflichtausrüstungskontrolle |
Auch
wenn es heute noch nicht optimal lief waren wir optimistisch für die kommenden
Tage. Es kommen ja noch 7 Etappen.
STAGE 2
Lech (A)
- St. Anton am Arlberg (A)
24,7 km / +1899Hm / -2042 Hm
An
diesem Tag erwarteten uns wieder Temperaturen von über 30°C. Das Motto des Tages lautet also trinken, trinken,
trinken. Das taten wir dann auch und behoben so den Fehler von gestern. Im
ersten Anstieg zur Bergstation auf dem Rüfikopf teilten wir uns das Tempo gut
ein! Auf den flacheren Passagen weiter zur Rauhescharte (2415 m) und zur
Stuttgarter Hütte konnten wir das Tempo etwas anziehen und so kamen wir rasch
auf den traumhaften Singeltrails voran. Der zweite Anstieg war sehr steil und
führte uns über das Valfagerjoch (2543 m). Der gesamte Aufstieg von ca. 600 Hm ging
durch eine karge Steinlandschaft mit haufenweise Geröll. Der
Aufstieg wurde zu einem reinen Kraftakt, da man ständig das Gefühl hatte, ein
Schritt vorwärts und zwei Schritte zurück zu machen. Endlich oben am Gipfel
des im Winter beliebten Skigebietes angekommen, ging es in den finalen, 8
Kilometer langen, Downhill hinunter nach St. Anton. Dort konnten wir noch 1
Team überholen, sodass es an diesem Tag zu einem 8. Platz im Gesamteinlauf und
zum 5. Platz in der Männer-Wertung mit einer Zeit von 3:32 h gereicht hat.
STAGE 3
St.
Anton am Arlberg (A) – Landeck (A)
39,9
km / +2019 Hm / -2494 Hm
Steil, steiler am steilsten |
Die
Müdigkeit war jedoch nach dem Startschuss schnell verflogen. Ehe wir uns
versahen, kämpften wir uns schon den ersten steilen Anstieg hinauf zum
Abzweig Leutkirchner Hütte (2051 m). Wie die Tage zuvor konnten wir uns vom
Start weg im Windschatten der führenden Teams in der Gesamtwertung etwas
absetzten, um wertvolle Meter vor dem kommenden, heftigen Anstieg auf unsere
Verfolger zu gewinnen. Wir müssen wirklich zugeben, dass wir an steilen
technischen Anstiegen unsere Herkunft nicht leugnen können. Wir sind halt eher
das Flachland gewohnt. Läufer aus den Bergregionen haben bei solchen Anstiegen
schon deutliche Vorteile und konnten uns dementsprechend immer viel Zeit in den
Anstiegen abnehmen. Als der erste Anstieg dann geschafft war, ging es erst
einmal einen längeren Downhill hinab in das kleine Örtchen Pettnau. Im Downhill
spürten wir Beide, dass die Oberschenkel nicht mehr so frisch wie am Samstag in
Oberstdorf waren. Angekommen in Pettnau waren dann vier flache Kilometer entlang
eines Flusses zu laufen. Dankbare Kilometer für uns, bevor es dann in den
letzten längeren Anstieg des Tages hinauf zur Flischerer Skihütte auf 1872 m
ging. Im Anstieg hatte Matthias dann ein kleines Zuckerloch, dass aber nach ein
paar Minuten mit Iso-Getränken und Powerbar-Gel wieder geflickt werden konnte.
Mit neuer Energie konnten wir uns in den 8 km langen Downhill nach Landeck
stürzten. Der Downhill führte auf Forst-und Asphaltstraßen ins Tal. Unten
angekommen mussten noch die letzten 5 hügelige Kilometer nach Landeck bewältigt
werden. Da uns solche Passagen echt gut liegen, konnten wir das Tempo leicht
anziehen und wieder wertvolle Minuten herauslaufen, die wir im Anstieg liegengelassen hatten. Am Ende sind wir als 10. Team im Gesamteinlauf und als 6. Team in
der Männer-Kategorie eingelaufen.
STAGE 4 - Königsetappe
Landeck
(A) - Samnaun (CH)
45,7
km / +2861 Hm / -1842 Hm
Vierte
Etappe – Königsetappe. Matthias hatte im Vorfeld ziemlich großen Respekt
vor dieser Etappe. Ein Jahr zuvor, bei den 4Trails ging es ihm auf dieser
Etappe gar nicht gut und er konnte sich damals nur noch mit den letzten
Kraftreserven ins Ziel retten Doch wir wären kein Team, wenn Marcus nicht mit
allen Mitteln versuchte hätte, ihm die Angst
zu nehmen und ihn zu motivieren. Diese Stage hat nicht nur die längste
Entfernung sondern auch die meisten Höhenmeter im Anstieg. Und wäre das nicht
schon genug, so gilt es auch noch den längste Anstieg des ganzen Transalpine
Runs mit ca. 1600 Hm zu bewältigen.
Ready to run! |
Resultat
des Tages: 12. Team im Gesamteinlauf und 6. Team in unserer AK in 5:52 h.
Außerdem
haben wir uns heute im Gesamtranking in der Männer Kategorie auf den 6. Platz
verbessert.
STAGE 5 - Bergsprint
Samnaun
(CH) – Bergsprint
6,23
km / +731 Hm / -60 Hm
Hoch zu Fuß - runter mit der Gondel |
Die
Strecke heute ging „nur“ von Samnaun hinauf zur Bergstation Alp Trider Sattel.
Beim
Bergsprint ist auch die Teamregelung aufgehoben. Das bedeutet, es muss nicht als
Team gelaufen werden. Die Zeiten der beiden Läufer werden addiert und die Gesamtzeit
wird dann im Gesamtranking vermerkt!
Matthias
lief vom Start weg ein hohes Tempo. Marcus zügelte sich etwas und versuchte
seine Kräfte für den Anstieg zu bündeln.
Da
schon sehr viele Teams vor uns die Strecke hoch sind, war diese sehr matschig
und aufgeweicht.
Wir
drückten uns Kehre um Kehre nach oben, immer mit Blick auf die Uhr, den wir
wussten aus dem Roadbook das der Veranstalter plante, dass die schnellsten Läufer
circa 48 min benötigten. Auf den letzten flachen Metern gaben wir dann auch
nochmal alles, um wertvolle Sekunden zu gewinnen. Matthias blieb mit seiner Zeit
knapp unter 48 min, Marcus nur ganz knapp darüber. In der Addition bedeutete es
aber, dass wir heute den 3. Platz in der Tageswertung erlaufen konnten.
All Out Terra Trail |
STAGE 6
Samnaun
(CH) – Scoul (CH)
37,1
km / +2064 HM / -2690 Hm
Heute
wurde komplett in der Schweiz gelaufen. Es ging von Samnaun nach Scoul.
Da
Samnaun auf 1830 m über NN schon relativ hoch liegt, kam uns die Luft schon ein
wenig dünner als gewohnt vor - ansonsten leben wir 1400 m darunter.
Immer den Fahnen nach |
Über
den Fimberpass auf 2608 m liefen wir in einem langen Downhill hinunter nach
Farola (1855 m)
Die
alpinen Abwärts-Passagen haben es echt in sich. Ein falscher Tritt oder ein
Stolperer und man würde das Rennen höchstwahrscheinlich frühzeitig beenden.
In den
tieferen Lagen erholte sich Matthias langsam wieder und fand teilweise zu gewohnter
Stärke zurück. Auch wenn die Atmung immer noch erschwert war, konnten wir den Uphill
hinauf zum letzten Gipfel des Tages, dem Fuorcia Champatsch auf 2730 m, wieder
flotter angehen. Heute wurde wieder deutlich, warum es so wichtig ist, einen
guten Teampartner zu haben. Marcus hatte einen sehr guten Tag erwischt und konnte
sich so für die erste Etappe bei Matthias revanchieren. Und genau das macht das
Abenteuer TAR aus. Es ist nicht der Kampf gegen die Uhr oder gegen die anderen
Teams. Man kämpft eigentlich immer nur gegen sich selbst. Es geht darum Grenzen
zu überwinden, über sich selbst hinaus zu wachsen. Leistungen zu vollbringen, die man im Vorfeld für unmöglich gehalten hat. Dies fällt einem dann leichter , wenn man einen tollen Teampartner an seiner Seite hat, der einen dabei unterstützt
und fördert. Marcus machte die Arbeit und gemeinsam konnten wir den letzten
Gipfel des heutigen Tages überqueren.
Auf
dem abschließenden 10 km langen Downhill hinab ins Ziel nach Scoul war Matthias
dann wieder ganz der Alte und wir rannten dem Zielbogen mit immer schwerer
werdenden Beinen entgegen.
Resultat
des Tages: 12. Team im Gesamtranking in 4:30 h
In
unserer AK konnten wir trotz der schwächeren Phasen dem vor uns liegendem Team auf Platz 5 fast 20 min abnehmen. Wir lagen also immer noch auf Platz
6 in der AK, hatten aber nur noch 2 min Rückstand zu Platz 5. Das sollte
morgen machbar sein.
STAGE 7
Scoul
(CH) - St. Valentin (I)
37,8
km / +1633 Hm / -1376 Hm
Da gehts lang |
Von
Scoul in der Schweiz überquerten wir heute die Grenze nach Italien, in
das 4. Land des GORE TEX© Transalpine Run 2015. Zu Beginn dieser
Etappe mussten erst einmal 6 flache, leicht abfallende Kilometer gelaufen
werden. Klar, dass wir uns diese Chance nicht nehmen ließen und in der
Spitzengruppe dabei waren. Flache Abschnitte auf Waldwegen, das ist unser
Terrain.
Nach
diesen ersten sechs Kilometern begann dann der Anstieg hinauf zum Schlinigpass
auf 2315 m. Da wir leider bei V1 ein wenig gebummelt hatten, verloren wir den Anschluss
auf das vor uns laufende Team.
Geschafft Platz 3. |
Und
dann war es geschafft. Nach dem Bergsprint am Mittwoch unser zweiter
Podestplatz mit dem 3. Rang Overall. Gleichzeitig konnten wir durch unsere gute
Zeit auch wieder wertvolle Minuten in der Männer-Kategorie herausholen und auf den 5. Platz vorrücken.
Der
Tag hatte heute aber noch mehr zu bieten. Im Ziel wartete Marcus´ Verlobte
Andrea, die zusammen mit unserem guten Kumpel Deniz nach St. Valentin angereist
war. Vielleicht wollte Marcus auch deshalb so schnell ins Ziel kommen, weil er
wusste wer dort wartete ;-) Zusammen machten wir vier uns einen entspannten Nachmittag
und besuchten noch den Stausee mit dem berühmten Kirchturm im See. Mit so einem
geilen Support ist ja für das große Finale morgen alles geregelt.
Gesamtergebnis
der 7. Etappe: Overall Platz 3 in 3:45 h
Gesamtklassement
Männer Platz 5. Overall Platz 8.
STAGE 8 - Finale
St. Valentin
(I) – Sulden (I)
40 km
/ +1500 Hm / -1200 Hm
Bereit für das Finale |
Vom
Start in St. Valentin mussten 18 km abfallend auf ASPAHLTSTRAßEN gelaufen
werden. Wo keine Berge sind ,kann man keine Berge laufen und so wurde dieses
Teilstück von uns genutzt, um noch ein paar Minuten auf unsere Verfolger im
Gesamt- und Alterklassenranking rauszulaufen.
Im
Ersten Anstieg hinauf nach St. Georg mussten wir dann aber leider die 3
führenden Teams der Gesamtwertung ziehen lassen. Die Beine waren nach 240
Kilometern in 7 Tagen einfach nicht mehr in der Lage Bergauf diesem Tempo zu
folgen. Ab Kilometer 20 liefen wir unser eigenes Rennen und machten uns an den
Anstieg über Stilfs (1288 m) auf der alternativen Route. Das Ziel in Sulden kam
immer näher. Noch 10 Kilometer, noch 5 Kilometer, die Beine verweigerten
eigentlich schon seit längerer Zeit ihre Dienste. Einzig der Kopf sorgte für
Vortrieb. Letzter Anstieg, letzter Downhill, 1 Km to go - Schnauze Beine! Und
dann sahen wir endlich das Ziel. Die Stimme des Zielsprechers wurde lauter und
lauter: „Da kommen die Baur Brüder, Team Salomon Deutschland. Als sechstes Team
heute im Ziel und Finisher des Gore Tex Transalpine Runs 2015"!
Ein
unglaubliches Gefühl. Wir hatten es geschafft. Und durch den Kraftakt auf den letzten
Kilometern kamen wir als 6. Team der Tageswertung im Ziel in Sulden an. Dadurch
machten wir im Overall-Ranking sogar noch einen Platz gut.
Das Endergebnis
nach 8 Etappen: 5. Platz in der Men-Kategorie und Platz 7 im Overall-Ranking
von 207 Teams (366 Teams sind gestartet), die in Sulden angekommen sind.
Gesamtlaufzeit über 8 Etappen: 31:52:20 h
Weitere Bilder von den acht Etappen:
Copyright Stephan Repke, Philipp Reiter
Weitere Bilder von den acht Etappen:
Copyright Stephan Repke, Philipp Reiter
Auch das Sightseeing kam nicht zu kurz. |
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